Dienstag, 7. April 2009

Auf´s Maul kriegen oder die Kunst des stilvollen Scheiterns...

Irgendwie typisch - die Erwartungen und Vorhaben (genauso wie die Sprüche) können vorher nicht groß genug sein - zumindest bei mir, Axel als alter Haudegen, welcher schon ein paar mal jenen segensreichen und gleichzeitig verfluchten Ort namens Chamonix aufgesucht hat, weiß da schon eher wie´s läuft... Wenn man dann endlich Fuß ins gelobte Land gesetzt hat - links, rechts eins auf die Fresse und man ist wieder auf dem Boden der Tatsachen...

Bei uns hat sich das wie folgt dargestellt:

Wir kommen irgendwann Sonntag Abend in Chamonix an, finden auch gleich einen praktischen Platz zum parken und schlafen, nur eine Minute entfernt von der Talstation der Bahn (sogar kostenlos!), und beginnen gemütlich für den nächsten Tag zu packen und uns zuzuprosten... Wir haben dann noch kurz einen netten Plausch mit den Chamonixer Polizeibehörden gehalten, welche so nett waren uns darauf hinzuweisen dass wir in unserem - nicht mehr ganz nüchternen Zustand beser nicht mehr fahren sollten und wo wir denn gedenken zu schlafen... Hat sich alles geklärt, auch die Frage am nächsten Tag ob die Franzosen einfach zu faul, zu blöd, zu ignorant oder was auch immer sind, ihre Uhren auf Sommerzeit zu stellen, nachdem dass mit der Zeit und dem angegebenen Fahrplan der Bahn irgendwie noch nicht so ganz hingehauen hat. Egal, wir kommen also mit der ersten Bahn oben an, ein geiles Panorama tut sich auf und wir müssen kleinlaut feststellen dass die gerade angeführten Charakteristiken irgendwie auch auf uns zutreffen, nachdem wir es nicht gebacken kriegen unsere Rucksäcke einigermaßen gebrauchsorientiert zu packen und wir erst oben auf die Idee kommen unser Zeug an zu legen... Was soll´s - passiert den Besten, so haben wir eben noch ein bisschen mehr Zeit die schöne Aussicht von der Midi zu genießen...



Irgendwann ist es soweit wir sind startklar und es heisst die erste Hürde auf dem Weg zu Ruhm und Ehre zu nehmen - die paar steilen Abfahrtsmeter von der Aguille runter zum Gletscher - wohlgemerkt auf Kurzskiern (auf welchen noch keiner von uns je in seinem Leben gestanden hat - auch so ein Hirnfurz von uns dies gerade jetzt auszuprobieren...). Irgendwann und irgendwie sind wir dann auch runter gelangt. Die ganzen Skicracks welche von hier aus die Valleé Blanche-Abfahrt in Angriff nehmen müssen auch gedacht haben - ach, ich will gar nicht drüber nachdenken... Danach eiern wir noch frohen Mutes zum Triangle de Tacul, von wo aus unsere geplante "Eingehtour" starten soll, aber irgendwie merken wir schon dass das nicht so beginnt wie wir uns das vorgestellt hatten - zu viel Schnee, viel zu viel Schnee... Und so werden dann die paar Meter zum tatsächlichen Einstieg unserer Route, dem Cheré Colouir, und das Überwinden des Bergschrundes zur nächsten Probe (und fast hätten wir uns dagegen entschieden einzusteigen - was unserer Wochenbillanz nicht wirklich gut getan hätte...). Wie dem auch sei, wir sind eingestiegen und so durften wir ein paar traumhafte Seillängen in einem (klingt blöd ist aber so - ) sehr schönen Gulli klettern... Nur der Spinndrift hätte etwas netter zu uns sein können...



(Quelle: http://www.climb.dk/ChereCouloir.html)

- grün = Cheré Couloir









Im Anschluss dann - wir hatten ja zu dem Zeitpunkt noch große Pläne - begaben wir uns auf den doch recht langen und mit Kurzskiern bei z.T. hüfthohem Schnee nicht ganz unanstrengenden Weg zur Turiner Hütte. Irgendwann während dieser (Tor-)Tour ist mir klar geworden dass das mit unseren Plänen wohl so nichts wird... Ich war selten physisch und irgendwie auch psychisch so fertig... Mögen uns auch die Umstände einen Streich gespielt haben mit dem vielen Neuschnee und teilweise starken Windverfrachtungen - ach ja, und meinem gebrochenen Stock, so ist es doch Fakt dass ich in diesem Augenblick den Anforderungen der Berge nicht so gewachsen war wie es der Fall hätte sein sollen. Und es tut mir auch für meinen Seilpartner leid wenn dadurch vielleicht auch seine Motivation und im Anschluss die Möglichkeit gewünschte Touren zu realisieren gelitten haben.
Nun ja, sprichwörtlich im Arsch komme ich, dann auch irgendwann an einem Bauwerk an, von dem ich erst annahm es sei unsere Hütte und mir in Gedanken schon ausmalte welche Leckereien der Italienisch-Französischen Bergküche ich mir als erstes aussuchen sollte. Pustekuchen, es war nicht unsere Hütte (auf der auch irgendwie schon den ganzen Nachmittag niemand auf unsere Anrufe reagieren wollte), sondern die Hellbronner Seilbahnstation. Unsere Hütte stellen wir verdutzt fest liegt ca. 70 Hm weiter unten und sieht auch eigenartig verschlossen aus. Was ist da los!? - Es steht doch in zwei Führern dass das Ding bereits bzw. ganzjährig offen haben soll... Unser Ärger steigert sich in dem Maße in dem wir realisieren dass es kurz nach 18.00 Uhr ist, wir hier oben die Einzigen sind und wir nichts weiter zum schlafen dabei haben... Hm, also was tun!? Da wir nicht ganz so dämlich sind wie wir aussehen und vollkommen skrupellos, beschließen wir das wir die Nacht definitiv nicht schlotternd und ungeschützt in der Kälte verbringen werden... Heißt also - richtig - wir müssen da rein (nicht hoch diesmal!). Nur wie, ist ja alles verschlossen!? Nun, nachdem wir an sämtlichen Türen gerüttelt und durch alle Fenster geschaut, haben wir auch eine kleine Abstellkammer entdeckt in der eine Schneefräse und tatsächlich eine funktionstüchtige Heißung in Dasein fristet. Also schaffen wir der Schneefräse kurzum ein bisschen Abwechslung und befördern diese nach draußen und uns ins Innere! Wir waren dann noch ein wenig innenarchitektonisch (man verzeihe mir dieses Wortungetüm!) tätig und haben die Dämmung von den Wänden auf den Fußboden befördert und fertig war unser lauschiges Heim! Im Endeffekt konnten wir dann auch tatsächlich ein paar Stunden am Stück schlafen. Nur hoffe ich dass ich nie mehr mit einem Mann Löffelchen machen muss...



Am nächsten Morgen dann sind wir mit der Ersten Bahn runter - nur diesmal eben nach Italien - irgendwie surreal das Ganze... Während der Fahrt nach unten genießen wir noch traumhafte Blicke auf Grand Jorasses, Aguille Noir und überhaupt den gesamten Peuterey Grat - der absolute Hammer das Ding - kaum vorstellbar das im Gesamten zu durchklettern... - Aber wie es so ist, genau an dieser Stelle wurden schon wieder ein paar kleine, unschuldige Traumsprösslinge ins Dickicht des vernebelten Hirnes gesäht um dann vielleicht eines Tages doch in die Tat umgesetzt zu werden...
In Cormayeuer genießen wir im Anschluss jeder noch eine riesige Pizza - ob wir sie nun verdient haben oder nicht sei dahingestellt - geschmeckt hat sie trotzdem!

Tja, das mit dem Eis soll irgendwie nicht sein diesmal, wir fahren zwar nochmal hoch nach 1 1/2 Ruhetagen mit bisschen gemütlichem Sportklettern, aber irgendwie haben sich die Berggötter diesmal gegen uns verschworen...



Und so verbringen wir noch eine Nacht in den Gängen der Midi-Bergstation um am nächsten Morgen festzustellen dass das Schweißwetter vom Vorabend immer noch Scheißwetter ist; wir gehen sogar noch die paar Meter runter zum Gletscher um dort endgültig festzustellen dass dies nicht das Wetter ist bei dem ein paar Leichtmatrosen wie wir in den Bergen rumstolpern sollten...

Den Urlaub gerettet hat unss mehr oder weniger ein glücklicher Zufall, eine Eingebung, Vorhersehung - wie auch immer - nämlich als wir schon auf dem Weg nach Hause waren und gerätselt haben ob wir denn nun noch einen Abstecher nach Franken machen sollten oder was denn nun, kam Axel plötzlich die Erleuchtung - ja, man kann ja auch hier gleich in der Nähe klettern - und siehe da Felsen taten sich auf, sogar welche mit Prädikat... Und so kam es dass wir das Kleine aber Feine Klettergebiet "Barbarine" entdeckten. - Schon allein der Name ist Musik im Ohre eines jeden echten Sachsen... Und so durften wir noch ein paar herrlich grifflose und sehr reibige Längen in schönem rauhen Granit klettern... - Danke!!!



Fakten zur Tour:
Wann? 29.03. - 05.04.09
Wo? Mont Blanc du Tacul (Chamonix/Mont Blanc)
Wer? Axel & Robert
Was? Cheré Couloir
Wieviel? II D+, 350m, Eis bis 80°